Naya Zoo

von Pompeius IIb.

Guten Tag zusammen, und herzlich Willkommen im Modern, wo Spiele gern mal nur 3 Züge dauern und es Dinge für 1 Mana gibt, die im Standard 5 Mana kosten.

Wir kennen uns noch nicht: Ich bin Pompeius, und ich darf euch gelegentlich an dieser Stelle über das ein oder andere Modern-Deck aufklären – herzlichen Dank dafür an Thomas, der mich zu diesem Blog eingeladen hat!

Ich betreibe nebenbei einen kleinen YouTube-Kanal, auf dem ich in regelmäßigen Abständen Inhalte zum Thema Deckbau veröffentliche. Vielleicht ist da ja auch etwas für euch dabei.

Aber zum Thema: Heute geht es um eines der ältesten Decks im Modern, das zeitweilig so gut war, dass seine Kern-Karte verboten werden musste. Und obwohl die Liste ihre Glanzzeiten wohl hinter sich hat, gehört das Deck immer noch zu den schnellsten im Format und, nicht zu unterschätzen, zu den unbekannteren.

Die Rede ist von Naya Zoo.

Was sich hinter diesem Titel verbirgt, was dieses Deck will und warum es eine gute Idee sein könnte, sich dieses Deck zuzulegen, das werde ich versuchen euch in den kommenden Zeilen darzulegen.

 

Erstmal: Warum „Zoo“?

Eine hervorragende Frage, denn mit dem Namen lässt sich die Kernidee des Decks gut erklären. Das Deck fand so richtig zusammen, als man diese drei simplen Karten kombinierte:

wild nacatl         kird ape         loam lion

Denn es war schnell klar, dass man mit den richtigen Ländern die Bedingungen der Kreaturen problemlos erfüllen konnte, und zwar schon ab dem zweiten Zug, dank Stomping Ground, Sacred Foundry und Temple Garden.

Das ergibt eine Menge Power für sehr wenig Mana. Tatsächlich funktionierte das so gut, dass Wizards of the Coast sich nach den ersten Erfolgen des Decks sogar genötigt sah, dass Wild Nacatl eine Weile aus dem Verkehr zu ziehen.

Aus den Ländern kommt bereits der erste Teil des Namens, „Naya“, der in der Lore von Magic die Kombination aus Grün, Rot und Weiß bezeichnet. Und als dann noch jemand mit etwas weniger Ernst auf diese drei Karten guckte und dachte: „Affe, Katze, Löwe… wie im Zoo!“, war der Deckname geboren.

 

Die Strategie

Damit ist die Strategie des Zoo-Decks auch schon erklärt: Man spielt massig kleine Kreaturen, die mehr Stärke haben als sie Mana kosten, und überrennt damit den Gegner.

Zoo ist ein kompromissloses Aggro-Deck, Flexibilität sucht man hier vergebens. Zoo hat keine Antworten, Zoo stellt hier die Fragen. Alles zielt darauf ab, die Hand so schnell wie möglich ins Spiel zu bringen, und für tödlichen Schaden anzugreifen.

Wie erwähnt verlässt man sich dabei auf die Kreaturen, im Gegensatz zu Burn-Decks, die im Grunde denselben Plan haben, dafür aber Hexereien und Spontanzauber nutzen. Der Ansatz des Zoo-Decks ist dabei einen Tick nachhaltiger: Eine Kreatur kann solange Schaden machen, wie sie auf dem Feld ist. Ein Lightning Bolt verursacht im Normalfall nur ein einziges Mal 3 Schaden, ein Wild Nacatl jede Runde. Die Kreaturen sind dafür anfälliger für Removal, aber dazu später mehr.

Gehen wir die Bestandteile des Decks einmal durch.

 

Die Kreaturen

Das ist erfahrungsgemäß der Löwenanteil des Decks – auch wenn der besagte Loam Lion ironischerweise gar nicht mehr Teil des Decks ist. Das Nacatl dagegen darf in keiner Zoo-Liste fehlen, und auch der Kird Ape tut noch seinen Dienst.

Im 1-Mana-Slot haben sich mittlerweile aber noch ähnliche Beater gefunden, die denselben Zweck erfüllen:

narnam renegade                experiment one

Wichtig ist hier immer das Potential auf mindestens 2 Schaden pro Mana. Deshalb ist bei ca. 15 One-Drops das Experiment One auch der erste Streichkandidat, weil es zwar sehr robust werden kann, aber in seinem ersten Zug doch ein wenig fragil ist.

Besondere Aufmerksamkeit verdient hier der Renegade, der mit Deathtouch auch gegen die stabilsten Blocker noch Schaden verursachen kann.

Kein Ragavan?

Vielleicht vermisst jemand den im Modern omnipräsenten Affen, kostet er doch auch nur 1 Mana und bringt dafür 2 Stärke mit. Aber: Den brauchen wir nicht. Das extra Mana aus den Treasures wird man im Zoo kaum verwenden, und auf die gegnerischen Karten zu hoffen ist bei einer Aggro-Strategie meistens eh falsch. Und wenn man diese (sonst durchaus relevanten) Fähigkeiten des Affen einmal ausklammert, bleibt eine 2/1-Kreatur, die schlechter ist als alle unsere Alternativen.

Im 2-Mana-Block findet sich zunächst eine merkwürdig anmutende Kreatur:

burning tree emissary

 2 Mana für eine 2/2 steht dem Deckplan aber nur auf den ersten Blick im Weg: Wenn wir davon ausgehen, dass die zwei Mana, die der Emissary produziert, wieder für weitere Kreaturen genutzt werden, ist der Emissary gewissermaßen umsonst – also 2 Power für Null Mana. Hat man mehrere davon auf der Wand, kann man gar alle hintereinander aufs Feld legen.

Besonders spaßig wird das mit seinem besten Kumpel, dem Reckless Bushwhacker, der sich für die produzierten 2 Mana direkt für Surge spielen lässt, und dann dem gesamten Team Eile und einen Angriffsbonus verpasst. Diese Synergie hat diesem Deck einen weiteren Namen verpasst: Bushwhacker Zoo.

Wer den Emissary-Effekt noch etwas häufiger haben möchte, greift hier auf die Hidden Herbalists zurück, die allerdings mit den roten Kreaturen des Decks eher schlecht zusammenpassen.

Der Emissary ist übrigens auch einer der Gründe, warum der Loam Lion normalerweise nicht mehr berücksichtigt wird: Das weiße Mana ist zu oft zu hinderlich.

 

 Nun bewegen wir uns bei unseren Kreaturen immer noch bei einer maximalen Stärke von 3 - ziemlich überschaubar für ein Aggro-Deck. Wer an dieser Stelle etwas mehr Durchschlagskraft möchte, landet bei einem alten Bekannten:

tarmogoyf

 Aber Vorsicht: Naya Zoo ist kein klassisches Goyf-Deck, man wird also häufig mit einem eher mäßigen 3/4er Tarmogoyf leben müssen (auch wenn das Deck ein wenig etwas dafür tun kann, dazu gleich mehr).

Alles, was wir bisher gesehen haben, findet dann meistens auch in vierfacher Ausfertigung ins Deck, da bleibt nur noch wenig Platz für Feinschliff. Trotzdem, eine Gallia kann an den richtigen Stellen für ein paar Extrakarten sorgen. Wichtiges Detail: Die gute Gallia zieht nur dann zwei Karten, wenn man mindestens eine Handkarte hat, also auch eine zufällige Karte abwerfen kann.

Dazu kommt eine Kreatur, die höchst selten das Feld betritt, sondern dafür da ist, eine der Schwächen des Decks zu kompensieren, nämlich der Ghor-Clan Rampager: Die Kreaturen im Zoo sind gerade in späteren Zügen denen des Gegners hoffnungslos unterlegen, und der einmalige Pump für +4/+4 kommt da meistens genau richtig. Auch der überraschende Trampelschaden gegen vermeintlich sichere Blocker hat mir schon Spiele gewonnen.

 

 

Die Spellsatarka s command

Eine wundervolle Überleitung zu den Nicht-Kreaturen-Spells des Decks, die tatsächlich auch keine andere Rolle haben, als den Schadens-Output der Kreaturen abzusichern. Deswegen halten wir es auch kurz: Der Lightning Bolt darf in keinem aggressiven roten Deck fehlen, dazu spielen wir mit Atarka's Command eine Karte, die wirklich furchterregende Mengen an Schaden verursachen kann. Geht man im Mittel von etwas 3 Kreaturen auf dem Feld aus (keine Seltenheit), ergibt das ungeblockt 6 Schaden für die 2 investierten Mana. Und auch der Modus zum Verhindern von Lifegain beim Gegner kann relevant sein.

 

 

Wer mitgezählt hat, kommt jetzt schon auf so viele Pflichtauswahlen, dass für jegliche weitere Spielereien meistens kaum noch Platz ist. Trotzdem ein paar Ideen:

  • Mutagenic Growth sorgt gegen die erwähnten großen Blocker für Durchschlag, und ist auch gegen gegnerische Bolts eine Hilfe.
  • Prismatic Ending entsorgt nervige Blocker und problematische Artifakte wie Chalice of the Void oder Ensnaring Bridge.
  • Tarfire ist unser Bolt Nr. 5 und als Tribal-Karte eine willkommene Unterstützung für den Goyf.
  • Forked Bolt ist nützlich gegen Tokens.
  • Thrash // Threat sorgt für ein wenig Flexibilität, ähnlich wie der Rampager.
  • Und wer richtig gute Laune hat, nimmt noch ein Devastating Summons auf, für maximales All-In (man beachte die Interaktion mit dem Bushwhacker!).

Abschließen tut der Block eine kleine Spezialität, zwei Mishra's Baubles. Die sehen ziemlich deplatziert aus, tun aber tatsächlich eine Menge für unseren Plan. Sie sind ein Artefakt im Friedhof für den Tarmogoyf, können mit Fetchländern unseren Draw manipulieren, uns Informationen über den Gegner verschaffen, sie lösen Revolt für Renegades und Herbalists aus und nicht zuletzt: Nachdem man eine Bauble für Null Mana gespielt hat, kann man den Bushwhacker auch mit nur 2 Ländern für Surge spielen.

 

Die Länder

stomping ground

Die Manabase im Naya Zoo ist nichts für schwache Nerven. Da die Manakurve des Decks effektiv bei 2 aufhört, ist jedes Land nach dem dritten eigentlich schon eins zu viel. Darüber hinaus benötigt man eine kritische Menge an Fetchländern und den nötigen Shock-Ländern, um zuverlässig ab dem zweiten Zug alle drei Farben beisammen zu haben, damit das Nacatl für 3 Schaden angreifen kann. Dazu zwei Standardländer, um mit dem Wald auch mal um einen Blood Moon herumzuspielen, und mit den 17 Ländern kommt man dann meistens schon hin.

Aber ein Schmankerl muss auch hier sein: Besonders gewitzte Zoo-Profis nehmen noch eine Dryad Arbor auf, eine weitere 1/1-Kreatur, die nicht nur kein Mana kostet, sondern auch mit allen grünen Fetchländern aus dem Deck gesucht werden kann. Am Ende des gegnerischen Zuges noch eine Dryade aus dem Deck zu mogeln, kann so manchem Gegner noch eine böse Überraschung bereiten, wenn der eigentlich sicher war, dass er den nächsten Zug noch knapp überlebt.

 

Gameplay

Für Zoo-Decks gibt es nur einen Weg: Den nach vorne. Jeder Zug, der vergeht, gibt dem Gegner Zeit, unsere Kreaturen zu entsorgen oder einen unüberwindlichen Blocker auf das Feld zu legen. Deswegen muss das Spiel so schnell wie möglich beendet werden, auch wenn es gegen Control-Decks sinnvoll sein kann, sich noch 1-2 Kreaturen aufzuhalten, um einem Massenzerstörungszauber zu entgehen.

Das Deck ist absolut in der Lage, den Gegner in 3 Zügen zu besiegen. Man stelle sich folgende Sequenz vor:

Zug 1: Stomping Ground -> Wild Nacatl

Zug 2: Sacred Foundry -> Burning-Tree Emissary -> Reckless Bushwhacker, Angriff für 9 Schaden

Zug 3: Temple Garden, Goblin GuideAtarkas Command für 3 Schaden direkt und +1/+1, Angriff für 13 Schaden.

Fairerweise ist das natürlich so ziemlich der beste Start, den das Deck hinlegen kann. Es sind trotzdem 25 (!) Schadenspunkte in 3 Runden, und das muss dem Deck erstmal jemand nachmachen.

Die eigenen Kreaturen muss man daher als eine Art lebendigen Lightning Bolt begreifen: Häufig genug wird man auch tödliche Angriffe in übermächtige Blocker befehligen, um noch die entscheidenden Schadenspunkte durchzubringen, die den Gegner auf die magischen 3 Lebenspunkte bringen, die dann ein Bolt oder das Atarkas Command regeln. Denn bedenke: Manchmal ist es klüger, mit seinen Kreaturen noch einen scheinbar selbstmörderischen Angriff für 2 Schadenspunkte zu fahren, als nächste Runde gar nicht mehr durchzukommen. Als Zoo-Spieler ist die Zeit unser größter Feind.

 

Metacounterspell

So weit, so gut – aber ist es eine gute Idee, dieses Deck zu einem FNM mitzunehmen? Ich hab diesen Artikel geschrieben, ich muss also Ja, sagen, aber tatsächlich bringt Naya Zoo einige relevante Stärken gegen aktuelle Meta-Karten mit:

  • Counterspell ist nicht besonders nützlich gegen 20 Karten, die nur ein Mana kosten.
  • 12 unserer 1-Mana-Kreaturen können eine Toughness von 3 mitbringen, was weder Fury noch Ragavan gefällt.
  • Ein Spieler mit Dragons Rage Channelern muss sich ganz genau überlegen, wann er Delirium auslösen und seine Karten als Blocker unbrauchbar machen will.
  • Ein 9/9er Death's Shadow ist mächtig, aber wenn er nur einen unserer 5 Angreifer blockt, hilft das seinem Beherrscher auch nicht. Und erinnert ihr euch an den Deathtouch vom Narnam Renegade?
  • Und nicht zuletzt, seit Lurrus im Modern gebannt ist, gibt es einen Lifelink-Blocker weniger, der uns das Leben schwer macht.

Der größte Trumpf des Zoo-Decks ist aber seine Nischen-Stellung im Metagame. Tatsächlich muss man lange nach Turniererfolgen von Zoo-Decks suchen. Aber das führt auch dazu, dass viele Gegner nicht auf dem Schirm haben, was da in den ersten drei Zügen über sie hereinbrechen kann.

Dabei wollen wir nicht verhehlen, dass manche Matchups für das Deck alles andere als einfach sind. Ein Deck wie Jund ist geradezu gebaut, um Zoo-Decks zu zerlegen. Gegnerische Tarmogoys sind häufig nur schwer zu überwinden. Und jede Control-Variante mit jeder Art von Lifegain im Deck sind und bleiben ein Problem.

 

Fazit

Ich will ehrlich sein: Ich liebe dieses Deck. Es gibt wenige Dinge, die so erfüllend sein können wie seine Hand auf den Tisch zu legen, nach rechts zu drehen und zu fragen: „Sind wir hier fertig?“

Dabei ist Naya Zoo auf keinen Fall so stumpf, wie sich das im ersten Moment anhört. Gerade die Reihenfolge der einzelnen Karten ist extrem wichtig für die Maximierung des Schadens und in einem Spiel das nur vier Züge gehen soll, kann jede einzelne eurer Entscheidungen den Unterschied zwischen Sieg oder Niederlage machen.

Wenn das alles Dinge sind, die euch ansprechen, habt ihr mit diesem Deck einen Bruder im Geiste, und dazu noch einen Heidenspaß.

 

Wenn ihr glaubt, dass das alles war…

Und ob ihr es glaubt oder nicht, Naya Zoo ist nur eine Spielart dieses Decks. Wenn ihr mögt, sehen wir uns in Kürze an dieser Stelle wieder, und ich werde euch nach und nach nicht weniger als 3 (drei!) weitere Zoo-Varianten vorstellen.

Ich freue mich drauf. Bis dahin, macht es gut, geht mal wieder in den Zoo – und viel Spaß beim Tappen!