TRIBAL ZOO

von Pompeius IIb.
 

Einen schönen guten Tag zusammen, und Herzlich Willkommen zurück im Modern, wo man sich nicht für ein Farbe entscheiden muss – man nimmt einfach alle!

Falls ihr mich noch nicht kennt, mein Name ist Pompeius, und ich veröffentliche Deckbau-Content für Magic auf YouTube. Schaut gerne mal vorbei.

Nochmals Danke an Thomas von Tappzeit, der mir diese Artikel hier ermöglicht.

In meinem letzten Artikel haben wir herausgefunden was passiert, wenn man die „Zoo“-Idee auf 4 Farben ausdehnt und den Death’s Shadow mit aufnimmt. Wie versprochen machen wir heute den gesamten Farbkreis voll, und nehmen Blau auch noch mit auf, mit 5-Color-, bzw. Tribal Zoo!

 

Tatsächlich gibt es auch für diese Erweiterung einen handfesten Grund, allerdings hat Blau uns an sich nicht so viel zu bieten, was für unseren Aggro-Plan interessant wäre. Deshalb geht die Synergie über einen anderen Weg: Lest euch einmal Tribal Flames durch.

tribal flames

Diese Karte belohnt uns dafür, alle Landtypen (Forest, Mountain, Swamp, Island und Plains) im Spiel zu haben. Tribal Flames verschießt dann 5 Schadenspunkte auf einmal, und das ist vom Schadensoutput ziemlich einzigartig für die Manakosten (wenn man nur Spells mitzählt, die auch auf Spieler direkt gehen).

Gehen wir gedanklich nochmal zu unserem Ausgangspunkt zurück, nämlich dem Wild Nacatl, und dort finden wir ja bereits einen passenden Text: Auch hier brauchen wir bestimmte Typen an Ländern. Die Idee für dieses Deck ist also klar: Wir wollen wieder eine aggressive Kreaturenmischung, die alle 5 Farben ausnutzt, und dem Gegner ab dem dritten Zug so richtig mit Tribal Flames einheizen kann. Los geht’s!

 

DIE KREATUREN

territorial kavu

Was unsere Kreaturen angeht, können wir relativ gut von der Naya-Variante des Decks ausgehen, dass wir ja schon in meinem ersten Artikel kennengelernt haben. Die Basis bleiben Grün und Rot - auch wenn wir theoretisch Zugriff auf alle 5 Farben haben, sollten wir immer mit Grün beginnen, um eine gewisse Stabilität beizubehalten.

Daher bleibt das Wild Nacatl Ansprechpartner Nr. 1 für schnellen Schaden. Auch Kird ApeNarnam Renegade und dieses Mal auch Experiment One können gute Dienste leisten. Richtung zwei Mana ist der Tarmogoyf ebenfalls wieder Kandidat, bekommt aber Konkurrenz von einer Kreatur, die tatsächlich nur für dieses Deck entwickelt wurde: Der Territorial Kavu ist gewissermaßen eine Tribal Flames auf 2 Beinen, verspricht also zuverlässige 5 Schaden für 2 Mana und dazu eine gewisse Flexibilität.

Ab dem 3-Mana-Slot wird es dann wild: Da wir mit unseren Ländern dafür sorgen können und wollen, dass ab Zug 3 alle Manafarben auf dem Tisch liegen, wird die Auswahl hier relativ groß, da wir auch auf Grün und Rot nicht mehr so genau achten müssen. Erprobte Kandidaten sin zum Beispiel der Mantis Rider, General RokiricAnafenza oder der Savage Knuckleblade.

 

scion of dracoBesondere Erwähnung noch an den Scion of Draco: 12 Mana sehen nach viel aus, aber sobald wir die 5 Typen voll haben, bekommen wir dieses stählerne Ungetüm für schlappe 2 Mana, und sehr angenehme Boni für unsere mehrfarbigen Kreaturen noch oben drauf.

Je nach Ausrichtung kann auch der Bloodbraid Elf sinnvoll sein, um noch etwas Kartenvorteil aus der Strategie herauszuholen. Der ist besonders nützlich, wenn die Manakurve des Decks etwas höher ausfällt, gerade in der alternativen Variante des Decks, zu dem wir später noch kommen.

In diesem Fall ein kleiner Geheimtipp: Wer auf etwas mehr Mana und besonders das Fixing aus ist, kann mit 1-3 Lotus Cobras für überraschende Starts sorgen, auch wenn dieses Exemplar etwas aus der aggressiven Strategie herausfällt.

 

SPELLS

Nachdem wir bereits so viele Kreaturen gesehen haben, spielen die Spells auch in diesem Deck wieder eie untergeordnete Rolle, zumal sich 8 der Auswahlen in diesem Bereich von selbst verstehen: Ohne die 4 Tribal Flames und 4 Lightning Bolts verlässt kein Tribal Zoo Deck das Haus. Je nach Ausrichtung können noch weitere Burnspells sinnvoll sein, Boros Charm kommt einem da in den Sinn, oder auch die Lightning Helix, die den Schaden durch die 5-farbige Manabase etwas wett machen kann. Wer seinem Tarmogoyf noch etwas Gutes tun möchte, packt ein Tarfire mit ein.

Mindestens zwei Kopien von Prismatic Ending sind aber ebenfalls Pflicht, da wahrscheinlich kaum ein Deck im Format die Converge-Mechanik so gut ausnutzen kann wie dieses Deck.prismatic ending

Darüber hinaus sind (dank der 5 Farben) der Fantasie keine Grenzen gesetzt, seien es die zwei- oder dreifarbigen Charms oder Commands, oder auch weitere Kreaturenlösungen wie Path to Exile. Selbst Thoughtseize als Lösung gegen besonders lästige Combo-Strategien ist denkbar, wenn auch eher eine Alternative für das Sideboard.

 

MANABASE

Ok, hier kommt der komplizierte Teil…

Wir haben ja jetzt schon ausführlich über Tribal Flames und die Notwendigkeit gesprochen, alle 5 Landtypen zusammenzubekommen. Aber wie soll das gehen?

Nun, die Antwort lautet: Fetch- und Schockländer.

Die Schockländer geben uns jeweils immer zwei Land-Typen ins Spiel, wenn wir es geschickt anstellen, kann man also ab dem dritten Zug alle Typen beisammenhaben. Ein Beispiel: Starten wir mit einem Stomping Ground (Forest und Mountain) und machen weiter mit einer Hallowed Fountain (Plains + Island), reicht uns im dritten Zug ein beliebiges Schockland mit Schwarz als Typ, und wir können mit Tribal Flames die vollen 5 Schadenspunkte nutzen.

stomping ground  hallowed fountain  blood crypt

Dementsprechend spielt das Deck so viele verschiedene Schockländer wie möglich, meistens sind es 8 von den möglichen 10. Streichkandidaten sind dabei am ehesten die Exemplare mit Schwarz oder Blau, da diese Farben meist nur dazu dienen, den Farbkreis vollzumachen. Grün und Rot brauchen wir dagegen ab dem ersten Zug, Länder mit diesen Typen müssen also unbedingt berücksichtigt werden.

Gesucht werden all diese Länder durch so viele Fetchländer wie möglich. Da so viele verschiedene Typen beteiligt sind, ist es dann auch fast egal, welche Fetchländer das sind – auch hier gilt, das Grün und Rot zu bevorzugen sind, aber gerade für die Posten 11 bis 14 hat man fast freie Auswahl.

Ergänzt wird das Ganze durch mindestens einen Basic Forest, und ggf. eine Plains für ein Minimum an Blood Moon Abwehr, aber seien wir ehrlich, das ist normalerweise nur Kosmetik (gegen den Mond hat das Deck tatsächlich keine Chance). Für jegliche Spielereien an Utility Ländern hat dieses Deck übrigens keinen Platz. Die Kernsynergie der 5 Landtypen ist hier tatsächlich dermaßen wichtig, dass man es sich auf keinen Fall erlauben kann, ein Land ohne Typen oder gar ein farbloses Land mit aufzunehmen, da man riskiert einen Zug oder entscheidende Schadenspunkte zu verschenken – also etwas, das sich dieses Deck nicht leisten kann.

 

GAMEPLAN

Wer die Abschnitte über Kreaturen und Spells aufmerkasem gelesen hat, bei dem sollten bzgl. Spielplan eigentlich wenig Fragen offenbleiben: Viele aggressive Kreaturen, und insbesondere Überlegenheit auf dem Spielfeld sind das, was dieses Deck ausmacht. Dazu kommt, etwas untypisch für Zoo, eine gewisse Reichweite über Burnspells dazu, da man dank Tribal Flames auch mal einen Gegner erledigen kann, der sich noch im zweistelligen Lebenspunkte-Bereich befindet (und der sich etwas zu sicher fühlt). Auch die Kreaturen selbst sind ein wenig größer, als man das aus den letzten Decks kennt, sodass ein Turn-4-Kill absolut realistisch ist, früher normalerweise aber auch kein Spiel gewonnen wird.

Aber all das ist auch nicht der Punkt, über den man dringend reden muss, wenn man dieses Deck betrachtet. Der Knackpunkt liegt im Mana.

Aus den ca. 12-14 Fetchländern und den 7-9 Schocks eine Manakonfiguration zusammenzuspielen, die den Zielen dieses Decks gerecht wird, hat nämlich etwas von einer Runde Sudoku für Fortgeschrittene.

Bedenkt einmal folgende Anforderungen:

Euer erstes Land muss entweder Rot oder Grün produzieren, um die ersten Kreaturen oder den Bolt spielen zu können.

Das zweite Land bringt zwei neue Typen mit, sodass ihr bereits auf 4 Schaden für Tribal Flames bzw. einem 4/4er Kavu seid, und gleichzeitig muss das Wild Nacatl jetzt bereits eine 3/3 sein.

Mit dem dritten Land MUSS der fünfte Landtyp auf dem Tisch liegen, und jetzt solltet ihr im besten Fall auch einen Mantis Rider (Blau, Rot, Weiß) oder eine Anafenza (Schwarz, Weiß, Grün) casten können, oder was immer ihr sonst so ins Deck getan habt.

experiment one  territorial kavu  mantis rider

Diese Kombination aus Schockländern zu finden ist schon eine Aufgabe für sich, gleichzeitig zu bedenken welche Fetchländer auf der eigenen Hand diese Kombination leisten können, grenzt an Kreuzworträtsel.

Wer es hier etwas einfacher mag, für den hat dieser Archetyp seit einigen Monaten noch eine zweite Variante parat.

 

TRIBAL ZOO 2.0

Seit dem Ikoria-Set hat das Deck eine weitere Möglichkeit erhalten, die 5 Ländertypen auf dem Feld zu versammeln, das sind die dreifarbigen Triome, die wir seit Streets of New Capenna auch in allen Kombinationen verfügbar haben. Diese Karten machen das Deck nicht unbedingt einfacher zu spielen, aber da sie drei Farben auf sich vereinen, kann man mit dem passenden Schockland bereits im zweiten Zug auf die vollen 5 Typen kommen.raugrin triome

Einziger Knackpunkt dabei: Die Triome kommen getappt ins Spiel. Und an diesem Punkt scheiden sich die Geister: Die eine Hälfte der Zoo-Spieler setzt auf Größe, bringt die Triome im ersten Zug aus einem Fetchland ins Spiel, um im zweiten Zug einen Kavu oder einen Scion in voller Stärke spielen zu können. Um den Temponachteil auszugleichen, kommen in diesen Decks auch gerne die Hierarchen zum Einsatz.

Ich für meinen Teil bin kein Fan dieser Strategie. Auch wenn die Triome die Komplexität leicht reduzieren und die Hierarchen für etwas mehr Stabilität sorgen, nimmt das für ich einen wesentlichen Teil der Kernstrategie weg, nämlich die Aggressivität. Daher halte ich einen starken 1-Mana-Slot für frühen Druck für wichtiger, als bereits im zweiten Zug auf die volle Farbkombination zu kommen. Was wir hier spielen ist immer noch ein Aggro-Deck, und wenn im ersten Zug keine Aktion durch uns erfolgt, liegt das Deck meiner Einschätzung nach schnell zu weit hinten. In meinen Versionen verzichte ich deswegen auf Triome und Manakreaturen (Ausnahme: Lotus-Cobra).

Aber: Das ist auf keinen Fall der Weisheit letzter Schluss. Probiert diese Varianten gerne für euch selbst aus, und entscheidet selbst, welche Variante ihr stärker seht.

 

MATCHUPS

blood moonBei der Frage nach der Position im Meta müssen wir über den Elefanten im Raum sprechen: Blood Moon.

Wie man es dreht und wendet, gegen diese Karte wird Tribal Zoo 90% seiner Spiele verlieren. Die angesprochenen Manakreaturen (sofern ihr sie spielt) können den Schaden etwas lindern, aber: Das weiß euer Gegner auch, und wird entsprechend eingreifen. Stellt euch also darauf ein, ihr werdet zähneknirschend einige Niederlagen gegen Blutmond-Fanatiker hinnehmen müssen.

Hat euer Gegenüber solche Lösungen nicht, sieht er sich schnell einer rasant wachsenden Meute an verschiedensten Kreaturen gegenüber, deren Flexibilität eine Menge Überraschungen für ihn bereithält. Und dazu die stete Bedrohung des wahrscheinlich stärksten Schadenszaubers, den das Modern-Format zu bieten hat – wenn ihr geschickt mit der Angst eurer Gegner vor Tribal Flames spielt, kann das bedeuten, dass ihr ein paar Kreaturen durchbekommt, die eure Gegner sonst vielleicht neutralisiert hätten. Und auch Tribal Flames fristet im Turnierumfeld weiterhin ein Schattendasein, deshalb ist bei vielen Spielern die magische Grenze beim Lebenspunktestand immer noch 3 (wegen Lightning Bolt) oder 4 (wegen Boros Charm), aber auf keinen Fall 5. Zeigt euren Mitspielern, wie falsch man mit dieser Einschätzung liegen kann!

In der Natur der Sache liegt dabei, dass ihr beim Thema Sideboard aus dem Vollen schöpfen könnt. Jede denkbare Alternative kann mit aufgenommen werden, gerade die mächtigen weißen Lösungen gegen Friedhöfe und Kombo-Strategien. Verzeiht mir an der Stelle, dass ich keine Beispiel-Liste zeigen kann – es würde ganz einfach die zumutbare Länge dieses Artikels überschreiten. Faustregel bleibt daher: Alles, was ihr euch an Sideboard-Lösungen vorstellen könnt, kann meistens auch in dieses Deck.

 

FAZIT

Wer den Gegner gerne mit allen 5 Farben bekämpft, und wem der Lightning Bolt schon immer zu klein war, der ist hier richtig. Mit Tribal Zoo bekommt ihr eine schlagkräftige, direkt Waffe um eure Gegner ordentlich zu überrollen. Wenn euch die komplizierte Mana-Arithmetik keine Angst macht, habt ihr neben dem direkten Schadensplan schnell Zugriff auf eine Fülle von Sonderlösungen in allen Farben des Regenbogens, die euer Gegner wohl kaum erwarten dürfte – und die sich für eine Aggro-Strategie fast ein wenig zu gut anfühlt.

In diesem Sinne, schärft eure Sinne, lernt Schockländer auswendig, und lernt selbst, wie schön es ein kann, bis 5 zu zählen!

 

ONE MORE TIME

Und ob ihr es glaubt oder nicht, es ist noch nicht Schluss mit dem Thema Zoo. Denn wenn ihr nach diesem Artikel schon glaubt, dass Länder eine etwas zu große Rolle in einem Aggro-Deck spielen können, glaubt mir, das geht noch eine Nummer größer. Denn im kommenden Artikel töten wir unseren Gegner explizit mit Kreaturen UND Ländern: Im Landfall Zoo.

Bis dahin, macht es gut, und viel Spaß beim Tappen!